BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grüne Lüneburg

Umbennenung von Straßen überfällig

In Lüneburg sind nach wie vor Straßen nach Paul von Hindenburg und Hinrich Wilhelm Kopf benannt. Das ist aus Perspektive des Ortsvorstandes der Lüneburger Grünen nicht nachvollziehbar.

13.03.15 – von Friedhelm Feldhaus –

Paul von Hindenburg und Hinrich Wilhelm Kopf sind keine Vorbilder

Umbenennung der Straßen ist überfällig

Menschen, nach denen Straßen genannt werden, sollen gewürdigt werden für ihre Leistungen als Künstler, Wissenschaftler oder Sportler, für ihren Einsatz für den Frieden, für die Menschenrechte oder den Erhalt der Natur, als Unternehmer oder auch als Politiker. Es geht um eine Ehrung, weil sie Nachgeborenen als Vorbild dienen durch ihre Klugheit, Kreativität, ihr Engagement, ihren Fleiß oder ihre Charakterstärke. Der Ortsverband der Lüneburger Grünen verlangt darum die zeitnahe Umbenennung der nach dem Monarchisten Paul von Hindenburg und dem Kriegsgewinnler Hinrich Wilhelm Kopf benannten Straßen.

In Lüneburg sind nach wie vor Straßen nach Paul von Hindenburg und Hinrich Wilhelm Kopf benannt. Das ist aus Perspektive des Ortsvorstandes der Lüneburger Grünen nicht nachvollziehbar.

Hindenburg war Generalfeldmarschall im Ersten Weltkrieg und beförderte als solcher den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, lehnte den Verständigungsfrieden ab und verbreitete 1919 die Dolchstoß-Legende, nach der die Novemberrevolutionäre für die Niederlage Deutschlands verantwortlich seien.

Weder zu diesem Zeitpunkt, noch später übernahm er die Mitverantwortung für die katastrophalen Konsequenzen des Krieges, für die 11 Mio. Toten, die Millionen Versehrten und Traumatisierten sowie die folgende Verkleinerung des Reichsgebietes.

Hindenburg ernannte Hitler zum Reichskanzler

Als parteiloser Reichspräsident löste er 1930 den letzten Reichstag mit mehrheitlich demokratischen Parteien auf und ebnete der Machtübernahme radikaler rechter Parteien den Weg. Ein Prozess, der im Januar 1933 in die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler mündete – ernannt von Hindenburg.

Hindenburg war ein nationalistischer Kriegstreiber und ein parlamentsfeindlicher Reichspräsident. Wo ist der Anlass, ihn zu ehren? Wo der Grund, in ihm ein Vorbild zu sehen?

Kopf beteiligte sich an der Enteignung von Polen

Das gilt auch für Hinrich Wilhelm Kopf, den ersten Ministerpräsidenten Niedersachsens nach dem Zweiten Weltkrieg. Kopf, seit 1919 in der SPD, machte als Sozialdemokrat Karriere, arbeitete im Reichsinnenministerium, bekleidete hohe Positionen im Preußischen und Thüringischen Innenministerium und war bis 1932 vier Jahre lang als erster Sozialdemokrat Landrat in seinem Heimatkreis Hadeln.

Trotzdem verdingte er sich 1939 bis 1943 im Auftrag der Nationalsozialisten als sogenannter Vermögensverwalter im besetzten Polen. Hier beteiligte und bereicherte er sich als Unternehmer an der Enteignung und Aussiedlung der polnischen Bevölkerung.

Diese Aktivitäten hat er nach dem Krieg stets bestritten. Erst 2013 bestätigte die vom Niedersächsischen Landtag beauftragte „Historische Kommission für Niedersachsen und Bremen e.V.“ die Forschungsergebnisse der Göttinger Historikerin Teresa Nentwig zur Täterschaft Kopfs im nationalsozialistischem Unrechtsregime.

Erst Opportunisten, wie Hinrich Wilhelm Kopf, ermöglichten die nachhaltige Machtergreifung der Nationalsozialisten, die Verfolgung von Juden und Linken sowie die Umsetzung der deutschen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg. Sind das die Charaktereigenschaften, die sich unsere Kinder zum Vorbild nehmen sollen?

Demokratie braucht klare Kante

Der Ortsvorstand der Lüneburger Grünen hat kein Verständnis für das unwürdige, parteipolitische Lavieren der CDU und SPD zur Umbenennung der Straßen. Wir erwarten diesbezüglich eine zeitnahe und einmütige Entscheidung aller demokratischen Parteien im Lüneburger Stadtrat – gerade in Zeiten, in denen die Demokratie durch klare Statements gegen radikale Strömungen, wie Rechts- und Linksextremismus oder fundamentalistischen Islamismus, Rückendeckung braucht.

Eine solche Entscheidung kann auch keine Kostenfrage sein. Ideen, die privaten Anwohner im Rahmen einer Pauschale zu entschädigen, finden unsere Unterstützung. Gewerbetreibende und Freiberufler können die Kosten von der Steuer absetzen. Und die Stadt? Hier sollten sich die politisch Verantwortlichen vor Augen führen, dass über demokratische Werte nur bedingt im Rahmen einer Budgetdiskussion entschieden werden sollte.

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