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13.08.21 –
Im März 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung in wichtigen Teilen verfassungswidrig ist: Es regelt die Emissionsreduktion ab 2031 nicht ausreichend und überträgt einen zu großen Anteil der Verantwortung für die Reduktion von Treibhausgasemissionen auf zukünftige Generationen. Damit verstoße das Gesetz gegen den Artikel 20a des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland.
Zu diesem Thema fand am 03. August 2021 im Kulturforum Wienebüttel in Lüneburg ein Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion und Austausch mit dem Publikum statt. Die Veranstaltung war gut besucht; neben etwa 60 Anwesenden im Publikum nahmen weitere 65 Personen über den geschalteten Livestream teil.
Den Einstiegsvortrag hielt Dr. Ulrich Wollenteit aus Hamburg, Anwalt der Kläger:*innen vor dem Bundesverfassungsgericht (BvG). Herr Wollenteit erläuterte zunächst die Klageschrift der Verfassungsbeschwerde gegen das Bundesklimaschutzgesetz von 2019 und die Argumentation der Kläger*innen, zu denen auch Luisa Neubauer gehört. Sie führten vor dem BvG Beschwerde bezüglich der Festlegung der Treibhausgasemissionen auf maximal 55% der Emissionen von 1990 für das Zieljahr 2030 durch die amtierende Bundesregierung. Des Weiteren wurde Klage erhoben gegen die Fixierung der jährlichen Minderungsziele für die verschiedenen Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft, die den Kläger*innen zufolge zu wenig ambitioniert sind und dadurch die Grundrechte der Beschwerdeführer*innen verletzen.
Herr Wollenteit berichtete, dass das Verfassungsgerichtsurteil dem Klimaschutz Verfassungsrang zuspricht: Der Schutzauftrag des Artikels 20a GG verpflichtet den Staat, die natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen zu schützen. Der Staat hat also dafür zu sorgen, dass mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umgegangen wird, dass sie von den nachfolgenden Generationen ohne den Preis radikaler Enthaltsamkeit weiter bewahrt werden können.
Das BvG kommt daher zu dem Schluss, dass die im Klimaschutzgesetz von 2019 getroffene Regelung der bis zum Jahr 2030 zulässigen Emissionsmengen nicht verfassungsgemäß ist. Der Gesetzgeber muss zur Gewährleistung eines zumutbaren Übergangs zur Klimaneutralität weiter reichende Vorkehrungen treffen, um die ab 2031 auf die jüngere Generation zukommende Treibhausgas-Reduktionslast zu erleichtern.
Die Klimaschutzverpflichtung gemäß Artikel 20a GG besteht auch trotz der Tatsache, dass die Erderhitzung nicht allein durch die Klimaschutzbemühungen Deutschlands aufgehalten werden kann. Wie der Klimawandel selbst hat auch der Klimaschutzauftrag im Artikel 20a GG eine internationale Dimension und die nationalen Klimaschutzmaßnahmen können und müssen im internationalen Zusammenspiel die im Grundgesetz geforderte Wirkung entfalten. Aus der Mitgliedschaft in der internationalen Staatengemeinschaft folgt die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, eigene Maßnahmen zum Klimaschutz zu beschließen und fachgerecht umzusetzen.
Auf den informativen Vortrag folgte eine Podiumsdiskussion mit Dr. Ulrich Wollenteit (Anwalt der Kläger*innen), Dr. Julia Verlinden (energiepolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion), Petra Kruse-Runge (Mitglied des Kreistags und Kandidatin für das Amt der Bürgermeisterin in der Samtgemeinde Ostheide) und Linus Steinmetz (Kläger einer der Verfassungsbeschwerden zum Klimaschutzgesetz vor dem BvG).
Julia Verlinden betonte, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von großer Bedeutung ist, weil es die Gefährdung von Grundrechten durch die Folgen des Klimawandels und die Notwendigkeit effektiver Klimaschutzmaßnahmen auch rechtlich anerkennt und uns zu umfassendem Handeln zwingt. Das Zieljahr für Klimaneutralität ist durch die Novellierung des Klimaschutzgesetzes vom Juni 2021 zwar auf 2045 vorgezogen, dieses Datum ist jedoch immer noch zu spät, um einen zur Umsetzung des Klimaschutzabkommens von Paris angemessenen Beitrag zu leisten. Aufgabe der nächsten Regierung ist dann, endlich angemessene Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen – auch deshalb sind die kommenden Wahlen in diesem Jahr so entscheidend für unsere Zukunft. In diesem Sinne äußerten sich auch Linus Steinmetz. Wie sollen beispielsweise die Ziele erreicht werden, wenn weiterhin neue Investitionen in fossile Infrastruktur und Energien getätigt werden? Das wäre nicht zukunftsfähig und würde nur weitere Pfadabhängigkeiten schaffen – stattdessen müssen wir in Erneuerbare Energien, in die Mobilitäts- und Verkehrswende investieren. Petra Kruse-Runge mahnte viel mehr Engagement von Politik und Verwaltung auf Landes- und kommunaler Ebene in der Klimapolitik sowie deren konsequente Umsetzung an. Claudia Kalisch, Kandidatin für das Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Lüneburg, schaltete sich in die Diskussion ein und wies darauf hin, dass die Umsetzung effektiver Klimaschutzmaßnahmen bisher häufig daran scheitert, dass die Verteilung der finanziellen Ressourcen der Kommune auf verschiedene Anliegen zu Zielkonflikten führt. Sie schlägt vor, Klimaschutz und Klimafolgenpassung als Pflichtaufgaben einer Kommune zu betrachten und dem entsprechenden Budget zuzuordnen. Außerdem sind für effektive Klimapolitik vor allem politische Mehrheiten und ein konstruktiver Dialog wichtig.
Julia Verlinden sieht das Urteil als einen Anfang, als Anstoß für ambitioniertere Maßnahmen, aber auch für künftige weitere Urteile zur Gerechtigkeit zwischen verschiedenen Generationen, wie es auch Ulrich Wollenteit in seinem Vortrag verdeutlicht hat. Eine rege Diskussion mit dem Publikum beschloss den informativen Abend im wunderschönen Ambiente der Kulturscheune Gut Wienebüttel.
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Um Anmeldung zum Erhalt des Teilnahmelinks wird unter torsten.franz@ gebeten gruene-lueneburg.de
Mitgliederöffentlich. Anmeldung unter sprecher@ erbeten. gruene-lueneburg.de
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mit Julia Verlinden (MdB)
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