Loose-loose Ergebnis?

SPD und Grüne haben in Han­no­ver ei­nen Kom­pro­miss zum Au­to­bahn­bau ge­schlos­sen. Of­fen­bar ei­nen für bei­de Sei­ten schmerz­haf­ten, denn Prü­gel gab es hü­ben wie drü­ben. Die Grü­nen im Land­kreis sind na­tür­lich ent­täuscht, aber rea­lis­tisch: Mehr war wohl nicht drin.

08.02.13 – von Oliver J. Glodzei

KEINE! A39SPD und Grüne haben in Han­no­ver ei­nen Kom­pro­miss zum Au­to­bahn­bau ge­schlos­sen. Of­fen­bar ei­nen für bei­de Sei­ten schmerz­haf­ten, denn Prü­gel gab es hü­ben wie drü­ben. Die Grü­nen im Land­kreis sind na­tür­lich ent­täuscht, aber rea­lis­tisch: Mehr war wohl nicht drin.

Im Vorfeld der Kreismitgliederversammlung am Donnerstag liefen schon die E-Mail-Verteiler heiß. Und wer dort nicht schon am Vortag vom Autobahnkompromiss gelesen hatte, erfuhr spätestens am Frühstückstisch aus der Presse, dass die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen eine ziemlich dicke Kröte geschluckt hatten. "Da fiel wohl den meisten erstmal die Tasse aus der Hand," meinte Detlev Schulz-Hendel, der seinen Gemütszustand als "emotional ziemlich aufgewühlt" beschreibt.

Miriam Staudte, die in Hannover mit am Verhandlungstisch sitzt, war sichtlich unglücklich über den Kompromiss und berichtete mit hörbar angeschlagener Stimme aus erster Hand. "Ich bin überhaupt nicht zufrieden und kann gut verstehen, wenn viele enttäuscht sind." In einer guten Viertelstunde legt sie die Details der Vereinbarung dar. Viele hören jetzt zum ersten Mal, dass der Kompromiss durchaus auch der SPD empfindliche Zugeständnisse abringt.

So werden Mittel zur beschleunigten Planung in Richtung Schiene umgelenkt. Die Ertüchtigung der B4 als ökonomischere Alternative zur A 39 soll als vordringlicher Bedarf in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden. "Das eh' schon unterirdische Nutzen-Kostenverhältnis der Autobahn wird damit weiter sinken. Das wird sich schon bald zeigen, denn alle Verkehrsprojekte kommen jetzt auf den Prüfstand." Vor dem Hintergrund der gewaltigen Diskrepanz zwischen den vorhandenen Mitteln und dem Bedarf dürfte der Bau der A 39 damit ein gutes Stück weniger wahrscheinlich geworden sein.

Trotzdem hätten es an diesem Abend alle lieber gesehen, wenn einfach der Abbruch der Planungen vereinbart worden wäre; das wird in der anschließenden Diskussion sehr deutlich. Die meisten sehen aber auch die Verhandlungssituation und die Ausgangslage: Auch die SPD hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt, allerdings zur anderen Seite und bezieht jetzt viel Prügel für die gefundene Lösung. Eigentlich eine klassische Loose-loose Situation, also Verlierer auf beiden Seiten.

So einfach ist es aber zum Glück auch nicht. Denn die Koalitionsvereinbarung besteht ja nicht nur aus dem Bereich Wirtschaft und Verkehr und dieser Bereich nicht nur aus Autobahnen. Mit dem Bekenntnis zur Agrarwende wird ein grünes Herzensthema endlich auf den Weg gebracht. In der Endlagerfrage wird Niedersachsen nun fordern, Gorleben aus der Suche auszuschließen. Die Energiewende wird künftig in Niedersachsen in kundigeren Händen liegen.

Und der Schiene wird nun in den Infrastruktur wieder eine größere Rolle eingeräumt, indem jene 16 Millionen Euro, die für die beschleunigte Planung der Autobahnneubauten gedacht waren, unter anderem in ein weiteres Gleis für die Bahnstrecke Uelzen-Stendal fließen. Unter dem Strich fahren wir große Gewinne ein.

Das ändert alles nichts daran, dass die A 39 noch nicht vom Tisch ist. Aber sie liegt bedrohlich nah an der Kante, und unsere Arbeit ist noch nicht vollendet; nicht in den BIs und nicht bei den Grünen.

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