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21.06.24 –
Die Zukunft von Kaltenmoor, des größten Lüneburger Stadtteils, stand mit zwei Themen auf der Tagesordnung und im Mittelpunkt der Ratssitzung am 20. Juni: die Diskussion über den Verkauf der Vonovia-Wohnungen sowie die Debatte um ein Stadtteilzentrum.
Die SPD – unterstützt von den Linken – fordert, dass die Stadt Lüneburg sich um den Ankauf der Vonovia-Wohnungen in Lüneburg kümmert und hat zur Ratssitzung einen Bericht der Verwaltung/Oberbürgermeisterin zum Status quo der seit dem Frühjahr 2023 laufenden Gespräche/Verhandlungen mit Vonovia beantragt.* Hiltrud Lotze (SPD) führte dazu aus, dass die Stadt nicht alle Wohnungen kaufen könne, aber private Investoren mit ins Boot holen soll. Marianne Esders (Linke) ist grundsätzlich dafür, Wohnungen der marktwirtschaftlichen Profitlogik zu entziehen – sprich: zu enteignen.
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) berichtete, man spreche mit Vonovia über Forderungen und Zahlen – unter der Prämisse der Verschwiegenheit. Da wiederholte öffentliche Forderungen aus dem politischen Raum, die Wohnungen zu kaufen, die Verhandlungsposition der Verwaltung gegenüber Vonovia nachvollziehbar schwächen, beantragten die Grünen eine Verschiebung des Tagesordnungspunktes in den nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung. Dem konnte aus rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden. CDU (Eckhard Pols) und FDP (Cornelius Grimm) wiesen die Ankaufsforderung mit Verweis auf die hohen Kosten – genannt wurden 200 Mio. Euro – zurück und warnten davor, den Bewohner:innen der Vonovia-Wohnungen unrealistische Hoffnungen zu machen. Als Grüne setzen wir uns dafür ein, die laufenden Gespräche der Verwaltung mit Vonovia nicht durch ständige Öffentlichkeit zu torpedieren. Wem es tatsächlich um die Interessen der Bewohner:innen und der Stadt Lüneburg geht, sollte sich für Geschlossenheit gegenüber Vonovia einsetzen. Letztlich wurde das Ankaufthema mit großer Mehrheit in den Finanzausschuss delegiert.
Anmietung von Räumlichkeiten für die Stadtteilarbeit im ökumenischen Gemeindezentrum St. Stephanus
Geschlossenheit wäre auch für das zweite Kaltenmoor-Thema hilfreich gewesen: die Anmietung von Räumlichkeiten für die Stadtteilarbeit im ökumenischen Gemeindezentrum St. Stephanus. 2019 war der Neubau eines Stadtteilzentrums im Rat beschlossen worden. Durch den Pandemie- sowie Kriegseinfluss haben sich seitdem die Baukosten um 40% von 2,9 Mio. Euro auf 4 Mio. Euro erhöht, während sich die zugesagte Förderung von 1,15 Mio. Euro nicht erhöht hat. Im angespannten städtischen Haushalt müssten statt 1,75 Mio. Euro nun etwa 3 Mio. Euro aufgebracht werden. Eine Fertigstellung sei etwa 2029 zu erwarten, führte Sozialdezernent Florian Forster aus.
Die Alternative, der letztlich im Rat zugestimmt wurde, ist die Anmietung von Flächen im ökumenischen Zentrum St. Stephanus. Mit einmaligen Umbaukosten würden sich die Gebäudekosten (ohne Betriebs- und Heizkosten) für 10 Jahre Mietdauer auf insgesamt bis zu 680.000 Euro addieren. Eine Verlängerung um weitere 10 Jahre würde weitere 550.000 Euro kosten – also insgesamt 1,23 Mio. Euro für 20 Jahre. Und während auf einen Neubau noch fünf Jahre gewartet werden müsste, könnte der Umbau der Mietflächen bis zum Herbst erfolgen. Die Oberbürgermeisterin betonte, die Mietlösung sei schnell umsetzbar und bezahlbar. Jenseits der damit zur Verfügung stehenden 222 qm werde man „schauen, was es an weiteren Bedarfen gibt“.
Die SPD beharrte darauf, einen Neubau zu realisieren – ohne jedoch, wie beim geforderten Ankauf der Vonovia-Wohnungen, eine Lösung zur Finanzierung anzubieten oder eine Idee zur Stadtteilarbeit für die fünfjährige Bauphase. Die Grünen sehen die Anmietung wie die Oberbürgermeisterin: schnell verfügbar für die vielen Bedarfe und finanzierbar. Damit ist das letzte Wort für die weitere Entwicklung von Flächen für die Stadtteilarbeit in Kaltenmoor nicht gesprochen. Aber der erste wichtige Schritt ist getan.
Zweckentfremdungssatzung verlängert
Mit großer Mehrheit wurde die 2019 eingeführte Zweckentfremdungssatzung für Wohnraum (etwa durch Nutzung als Ferienwohnung) in Lüneburg um weitere fünf Jahre verlängert. Auf Anregung der Grünen im Bauausschuss wurde die von der Verwaltung bereits überarbeitete Fassung um die Einbindung des erst in diesem Jahr eingeführten Mietspiegels angepasst. Der Mietspiegel konkretisiert bei den Ausnahmetatbeständen die angemessene Kaltmiete, zu der vermietet werden müsste.
*Exkurs Kaltenmoor zum Verständnis:
Seit den 1990er Jahren sind die wachsenden städtebaulichen und baulichen Defizite sowie die damit einhergehenden sozialen Herausforderungen im Stadtteil Kaltenmoor ein Thema der Kommunalpolitik. Während zahlreiche Wohnungen im Besitz verantwortungsvoller Eigentümer:innen, wie etwa Haus & Grund, seriös und nachhaltig gemanagt werden, sind die 750 Wohnungen – die seit 2013 der Buwog gehören, seit 2018 eine Gesellschaft des Vonovia-Konzerns – ein Beispiel für ein System-Versagen.
Viele Großwohnsiedlungen der 1960er bis 1980er Jahren deutschlandweit wurden von der öffentlichen Hand, Kommunen, Bund, Bahn, Post, Parteien oder Gewerkschaften seit den 1990er Jahren privatisiert. Viele dieser Wohnungen, wie die heutigen Vonovia-Wohnungen in Kaltenmoor, wechselten mehrfach die Eigentümer:innen.
Konstanz gab es hierbei einerseits nur bei der mangelnden Bereitschaft, ausreichend in die Gebäudesubstanz und -technik (Heizung, Elektrik, Sanitäranlagen etc.) zu investieren sowie andererseits die rechtlich möglichen Mietsteigerungen durchzusetzen – durch den hohen Anteil von Transferleistungsempfänger:innen überwiegend zu Lasten öffentlicher Haushalte.
Millionenschwere Programme wie Soziale Stadt haben zwar über Jahrzehnte die Folgen dieser ausschließlichen Renditeorientierung mit städtebaulichen Investitionen gemildert, aber den in der Verantwortung der Eigentümer:innen liegenden baulichen Verfall der Wohngebäude selbst kaum aufhalten können.
Die energetischen Modernisierungsdefizite sind mit entscheidend für die erheblichen Nebenkostennachzahlungen – insbesondere für das Jahr 2022, als der von Russland ausgehende Angriff auf die Ukraine zu einer erheblichen Verteuerung der Energiepreise führte. Vonovia hat diese Krise offenbar genutzt, um die durch die Zinswende ausgelösten Liquiditätsprobleme durch völlig unangemessene Nebenkostenvorauszahlungen zu überbrücken. Ein im April 2024 vorgestelltes Gutachten belegt dies eindrücklich.
Eine 2022 bereits verhandelte Vereinbarung mit der Stadt Lüneburg zur Sanierung der Fassaden hat Vonovia verworfen. Stattdessen hat der Konzern sein Interesse an einem Verkauf der unsanierten Immobilien kundgetan. Und an diesem Punkt stehen wir jetzt.
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