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Eröffnungsrede des Kulturpolitischen Sprechers - Ernst Bögershausen
Sehr geehrter Herr Professor Erdmann, sehr geehrter Herr Meyer-Kybranz, sehr verehrte Frau Niermann, sehr verehrte Frau Schellmann, sehr geehrte Musikerinnen und Musiker, sehr geehrte Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber!
Ich darf Sie hiermit ganz herzlich im Namen des Herrn Oberbürgermeisters Mädge, des Rates und der Verwaltung der Hansestadt Lüneburg zu diesem 41. Festival der Neuen Musik hier in diesem wunderschönen historischen Glockenhaus begrüßen.
Meine Damen und Herren, die aktuelle Flüchtlingssituation, die uns alle virulent beschäftigt und die auch in unserem Alltag inzwischen einen immer größeren Einfluss ausübt, veranlasst mich, einige Gedanken über die Musik hinaus zu äußern.
Angesichts dieser enormen gesellschaftlichen Herausforderung mag man über Europa denken wie man will, aber nur das politisch verfasste, demokratisch eingerichtete Europa ist fähig, den politischen, wirtschaftlichen, juristischen, kulturellen, ethischen und jetzt aktuell den humanitären Anforderungen die angemessenen Antworten zu geben.
Will man nämlich die europäischen Ideale von Demokratie, Aufklärung und Humanität wach halten und stärken, dann besteht keine Alternative zur politischen Verfasstheit Europas. Gerade in dieser Zeit sind die Fragen der Kultur und der Verständigung über die sprachlichen Differenzen hinweg von immenser Bedeutung, denn wir heißen die Flüchtlinge bei uns nicht nur willkommen, nein auch sie leisten einen nicht unerheblichen Beitrag zur Bereicherung unserer Kultur - und dabei spielt gerade die Musik mit ihren interkulturellen Grundvoraussetzungen eine besonders wichtige Rolle.
Fast scheint es so: Flüchtlinge und deren materielle Probleme sind alles und dahinter muss die Kultur zurückstehen. Das ist sicher übertrieben. Aber zur Zeit ist die Situation in unserem Land geprägt durch – um in der Musikersprache zu bleiben – von Konsonanzen aber auch von Dissonanzen, von Gleichklang, aber auch von Kakophonie. So wie es beispielsweise ein Journalist in der Süddeutschen Zeitung vom 13. Oktober ausdrückte:
„Pegida in Dresden ist der Begleitchor zu den Gewalttaten gegen Flüchtlingsunterkünfte.“
Aber, meine Damen und Herren, die Welt ist weitaus inhaltsreicher als ihre Wirklichkeit. Kultur und hier insbesondere die Musik ist mehr: Sie ist sowohl Wirklichkeit als auch Möglichkeit.
Wir haben es bei der Neuen Musik mit einer Musikrichtung zu tun, von der ich behaupten möchte, dass sich hierbei die musikalische Phantasie in hohem Grade auch mit philosophischer Reflexion verbindet. Denn die in ihrer Klangsprache zum Ausdruck gebrachte „ästhetische Idee“ enthält den Gedanken, dass deren Gehalt vom jeweiligen Bewusstseinsstand dessen abhängt, der dieses interpretiert. Dazu bemerkt John Cage, einer der berühmtesten Künstler und Komponisten der Neuen Musik in seiner Veröffentlichung mit dem Titel „Silence“ so treffend: „Stille, wie Musik ist nicht existent. Es gibt immer Klänge. Das heißt wenn man lebt, um sie zu hören.“
Die Wahrnehmung der Klänge durch das Ohr des Hörers, die individuelle Deutung durch die Phantasie und die daraus sich bildende Wirklichkeit sind die Kennzeichen der Neuen Musik. Dadurch stiftet sie für die Hörerinnen und Hörer Perspektiven und Möglichkeiten. Aber nur da, wo es reale Möglichkeiten gibt, gibt es auch reale Entwicklungen. So wie bei der Weiterentwicklung der Neuen Musik hier bei diesem herausragenden Festival.
Angesichts dessen schätzen wir uns als Hansestadt glücklich und danken ausdrücklich Herrn Professor Erdmann und seinen HelferInnen für die Mühen und die Anstrengungen zur Durchführung dieses 41. Festivals. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ohne ihn diese Veranstaltungen in den vielen Jahren nicht das Renommee und die internationale Wirkmächtigkeit erreicht hätten, auf die wir heute mit soviel Stolz blicken können.
Meine Damen und Herren, um auf das Anfangsproblem zurückzukommen, bleibt noch die Frage offen:
Wie schaffen wir es, dass die Möglichkeiten der Musik über Länder- und Kulturgrenzen hinweg auch genutzt werden können für eine Völkerverständigung – bei uns im Land und darüber hinaus in Europa?
Wie schaffen wir es, dass diese Wirkungen nicht nur Möglichkeiten bleiben, sondern auch Wirklichkeit werden? Das 41. Festival der Neuen Musik hier in Lüneburg jedenfalls setzt dafür großartige Akzente und eröffnet jene Perspektiven, die nicht zu überhören und zu übersehen sind. Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen für eine konstruktive Zukunft unseres Landes – gemeinsam und im Einklang mit den vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen, die bei uns einen Neuanfang für ein gutes Leben und eine neue Heimat suchen. Und hierfür sollte das Wort von Aristoteles als Motto gelten:
„Bei allen Entdeckungen verhält es sich so, daß dasjenige, was von anderen, die schon früher daran gearbeitet haben, übernommen worden ist, in den Händen derer, die es übernommen haben, Schritt für Schritt voranschreitet. Denn ohne Zweifel ist der Anfang, wie man sagt, das wichtigste von allen Dingen.“
Meine kleine Rede möchte ich beenden mit einem weiteren Gedanken von John Cage: „Kein einziger Klang fürchtet die Stille, die ihn auslöscht. Aber wenn Sie ihn vermeiden, ist das schade, denn er ist dem Leben sehr ähnlich und wie das Leben ist er im wesentlichen ein Grund sich zu freuen.“
Ganz in diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Herr Professor Erdmann und allen Musikerinnen und Musikern viel Erfolg für dieses Festival und Ihnen, liebe Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber zahlreiche anregende Hörerlebnisse und Gründe zum Freuen. Dazu haben Sie ja Gelegenheit in den nächsten Tagen – sowohl hier im Glockenhaus als auch im Wasserturm, nur wenige Minuten von hier entfernt.
Vielen Dank!
Um Anmeldung zum Erhalt des Teilnahmelinks wird unter torsten.franz@ gebeten gruene-lueneburg.de
Mitgliederöffentlich. Anmeldung unter sprecher@ erbeten. gruene-lueneburg.de
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