08.05.25 –
Zum Grünen Antrag "Förderung von Hofgemeinschaften im Landkreis Lüneburg" sprach Julia B. Diehl am 8. Mai 2025 im Kreistag:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrter Landrat, sehr geehrte Verwaltung,
sehr geehrte Gäste und online-Zuhörer:innen,
liebe Kolleg:innen.
Der von Bündnis90/Die Grünen eingereichte, weitfassende Prüfauftrag „Förderung von Hofgemeinschaften im Landkreis Lüneburg" zielt darauf ab, die Verwaltung zu beauftragen, Möglichkeiten zur Förderung gemeinschaftlicher Wohnformen wie ganz konkret Hofgemeinschaften zu prüfen und dem Kreistag eine Entscheidungsgrundlage vorzulegen.
Dabei sollen insbesondere Aspekte wie Bestandsaufnahme, Förder- und Unterstützungs-möglichkeiten sowie Präventionsansätze zur Vermeidung missbräuchlicher Vereinnahmung durch völkische Gruppen betrachtet werden.
Lassen Sie mich zunächst darstellen, was unter Hofgemeinschaft zu verstehen ist:
Eine Hofgemeinschaft ist eine gemeinschaftliche Wohn- und Lebensform, bei der mehrere Parteien auf einem ehemaligen landwirtschaftlichen Hof oder vergleichbaren Anwesen zusammenleben und häufig auch gemeinsam wirtschaften.
Die Bandbreite reicht von gemeinschaftlich genutzten Wohnhäusern mit einzelnen Wohneinheiten bis hin zu kollektiv organisierten Lebens- und Arbeitsgemeinschaften. Dabei steht weniger die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund, sondern vielmehr das gemeinschaftliche Prinzip: Räume, Ressourcen und Aufgaben werden geteilt, gemeinsame Werte wie Nachhaltigkeit, Solidarität oder Teilhabe prägen also das Zusammenleben.
Heutzutage werden unter dem Begriff vor allem alternative Wohnprojekte im ländlichen Raum verstanden, welche soziale, ökologische und kulturelle Zielsetzungen verfolgen. Häufig liegt der Fokus auf generationenübergreifendem Zusammenleben, Selbstversorgung, partizipativer Organisation und der bewussten Entscheidung für eine nachbarschaftliche Lebensform.
(Hofgemeinschaften können genossenschaftlich organisiert sein, als Verein oder lose Nachbarschaftsstruktur, je nach Zielsetzung und rechtlicher Rahmenbedingungen.)
Es ist ja schon deutlich angeklungen: Die wesentlichen Vorteile von Hofgemeinschaften liegen in ihrer sozialen, ökologischen und ökonomischen Funktion:
Soziale Vorteile entstehen durch das gelebte Miteinander: Einsamkeit wird reduziert, gegenseitige Hilfe im Alltag erleichtert das Leben von Familien, Älteren und Alleinstehenden, Menschen mit Behinderung.
Kinder wachsen mit mehreren Bezugspersonen auf, ältere Menschen finden soziale Anbindung und Unterstützung. Echte Teilhabe wird Realität.
Ökologische Vorteile ergeben sich durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, gemeinsames Gärtnern, Energieeffizienz oder Mobilitätslösungen wie Carsharing. Viele Projekte setzen auf Nachhaltigkeit, Permakultur oder eine regionale Kreislaufwirtschaft.
Ökonomische Vorteile entstehen durch geteilte Infrastruktur und gemeinsame Investitionen. Wohnkosten können reduziert werden, der Zugang zu Wohnraum auch für Menschen mit geringem Einkommen und/oder Behinderung wird erleichtert, wenn auf Miteigentum oder Mietmodelle gesetzt wird.
Hofgemeinschaften fördern darüber hinaus eine aktive Bürger:innenbeteiligung und stärken ländliche Räume – sowohl durch die Revitalisierung leerstehender Gebäude und ganzer Höfe als auch durch kulturelle und soziale Impulse für das Umfeld. Sie sind damit eine zukunftsorientierte Antwort auf die Herausforderungen von demografischem Wandel, Wohnraummangel, Teilhabe, sozialer Fragmentierung und anti-demokratischen Bewegungen.
Lassen Sie mich auf die drei zentralen Gegenargumente eingehen, die bisher in der Diskussion zu diesem Prüfauftrag im Vorfeld vormerklich benannt wurden:
1. „Der Antrag muss vom Land gesteuert werden“
Es stimmt: Das Land Niedersachsen hat in Artikel 6a „Arbeit, Wohnen“ seiner Verfassung die Aufgabe verschriftlicht – ich zitiere auszugsweise: „Das Land wirkt darauf hin, (…) dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist“. Mit dem Niedersächsischen Wohnraumfördergesetz (NWoFG) und Förderprogrammen wie dem der NBank zeigt es darüber hinaus seine wichtige Rolle für gemeinschaftliche Wohnformen.
Gleichzeitig bedeutet das in unseren Augen nicht, dass der Landkreis untätig bleiben sollte – im Gegenteil.
Kommunale Verantwortung ist ausdrücklich vorgesehen: Die Kommunen und Landkreise sind zentrale Akteure bei der Bereitstellung von Flächen, bei Beratung, Infrastruktur und sozialer Einbindung.
Viele Förderprogramme setzen lokale Initiative voraus: Das Bundesprogramm „Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander“ verlangt aktives kommunales Engagement, um überhaupt Mittel zu erhalten.
Der Landkreis handelt subsidiär: Dieser Antrag ersetzt keine Landesprogramme – er schließt die Lücke, wo präventiv, lokal und strategisch demokratische Wohnformen geschützt und gefördert werden müssen.
Kernbotschaft:Demokratie muss auch lokal geschützt und gestaltet werden – und das geht nicht, indem man auf das Land wartet.
2. „Klientelantrag der reichen Menschen“
Lassen sie mich das liebevoll und einseitig kommentieren: Dieses Argument basiert auf einem weit verbreiteten Missverständnis.
Es geht explizit um soziale Offenheit und Teilhabe: Der Prüfauftrag richtet sich an Projekte mit inklusiver, generationenübergreifender und sozial durchmischter Struktur – offen eben auch gerade für Alleinerziehende, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung, Geflüchtete.
Soziale Vielfalt ist Förderkriterium: Gefördert wird nicht Eigentum, sondern soziale Verantwortung und demokratische Beteiligung.
Öffentliche Kontrolle statt Privatexklusivität: Der Antrag schafft keine „reichen Enklaven“, sondern fordert Transparenz, Mitbestimmung und das Leben demokratischer Werte als Voraussetzung für Förderung.
Kernbotschaft:Wir fördern nicht Besitz, sondern Beteiligung – und stärken das Miteinander statt das Gegeneinander im ländlichen Raum.
3. „Es wird kein sozialverträglicher Wohnraum geschaffen“
Auch das ist ein Vorurteil, das sich mit Fakten leicht entkräften lässt.
Sozialverträglichkeit ist zentrales Kriterium: Der Antrag zielt ausdrücklich auf Projekte mit Genossenschaftsmodellen, Mietgemeinschaften, Pacht statt Eigentum oder betreutem Wohnen ab.
Günstiger Wohnraum durch geteilte Ressourcen: Hofgemeinschaften bieten durch gemeinsame Nutzung von Küche, Energieversorgung, Mobilität oder Garten nicht nur ein soziales, sondern auch ein kostengünstiges Lebensmodell.
Kooperation mit sozialen Trägern möglich: Gemeinschaftsprojekte lassen sich sehr gut mit sozialen Wohnformen kombinieren – etwa für Senioren, Alleinerziehende oder interkulturelle Projekte.
Das Förderprogramm der NBank zeigt bereits, wie solche Modelle praktisch umgesetzt und sozial tragfähig gestaltet werden können.
Kernbotschaft:Demokratische Hofgemeinschaften sind ein Baustein für sozialen, bezahlbaren und generationenfreundlichen Wohnraum – keine Konkurrenz dazu.
Fazit
Hofgemeinschaften stehen nicht für Rückzug, Abgrenzung oder Ideologie – sondern für gelebte Demokratie, soziale Verantwortung und ökologische Nachhaltigkeit im Alltag. Dieser Prüfauftrag hat wie eingangs erwähnt das Ziel, demokratische Strukturen zu stärken, sozialen Wohnraum zu ermöglichen und völkischer Landnahme wirksam entgegenzutreten.
Der Prüfauftrag fordert keine Maßnahmen, die über die kommunale Zuständigkeit hinausgehen – sondern aktiviert das, was auf Kreisebene möglich und nötig ist.
Durch Zustimmung zu diesem Prüfauftrag können wir ein weiteres deutliches Signal setzen, dass Politik und Verwaltung unter Einbindung von Bürger:innen aktiv Verantwortung übernehmen – für Demokratie, Teilhabe und sozialen Zusammenhalt.
„Demokratie lebt vom Mitmachen, nicht vom Warten auf Anweisungen.“
– Rita Süssmuth (CDU)
1985 bis 1988 Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit
ab 1986 Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit)
von 1988 bis 1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages.
progressiv, dialogorientiert und wertegeleitet galt – manchmal gegen den konservativen Mainstream. Viele ihrer Positionen galten zum Zeitpunkt ihrer Äußerung als „zu früh“, sind aber inzwischen gesellschaftlicher Konsens oder in politische Praxis übergegangen.
Oder:
„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“
– Mahatma Gandhi
Oder:
„Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden, als auf die Dunkelheit zu schimpfen.“
– Konfuzius
Vielen Dank.
Gäste sind nach Anmeldung bei Claudia Schmidt oder Matthias Wiebe herzlich willkommen.
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Mitgliederöffentlich. Anmeldung unter sprecher@ erbeten. gruene-lueneburg.de
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Diesmal in der Musikschule zur kommunalen Wärmeplanung
Anmeldung unter holger.tempel@ gruene-lueneburg.de
Wer macht was im Orts- Kreis- und Landesverband? Wie funktioniert die Lüneburger Kommunalpolitik? Welche Angebote zur aktiven Mitarbeit gibt es?
Anmeldung an torsten.franz@ gruene-lueneburg.de
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