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10.02.11 –
War das nun nötig? Miriam Staudte, von Andreas Meihisies in der LZ frontal angegriffen, sah sich offenbar genötigt, ihrerseits ein Interview (Landeszeitung vom 9. Februar 2011) zu geben.
Nicht alle Grünen fanden das hilfreich, und so werden sich wohl beide auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zum Thema einiges anhören müssen.
Umstritten bleibt auch die eigentliche Kernfrage: Durfte die Kreistagsfraktion dem Regionalen Raumordnungsprogramm so zustimmen, insbesondere da das Abstimmungsverhalten zur A 39 schon im Sommer ein viel diskutiertes Thema war?
Dabei ist von keiner und keinem Grünen bekannt, sich jemals für den Bau der Autobahn oder der Umgehungsstraße um Reppenstedt ausgesprochen zu haben. Es gibt aber offenbar erheblich unterschiedliche Sichten auf die Symbolkraft politischer Enstscheidungen. Und es gibt naturgemäß ein Spannungsfeld zwischen Gewissensfreiheit der Abgeordneten und basisdemokratischem Anspruch von Bündnis 90/Die Grünen.
Es gehört bei uns einfach dazu, solche und andere Diskussionen detailliert und engagiert zu führen, auch wenn das im Vergleich zu den eher straff geführten "Volksparteien" einen manchmal zerstrittenen Eindruck macht. Diskussionen gehören auch ans Licht und nicht ins stille Kämmerlein. Aber muss man sich deswegen via Zeitungsinterviews in den Haaren liegen?
Wir zitieren daher hier das LZ-Interview mit Miriam Staudte, erschienen in der Landeszeitung vom 9. Februar 2011:
LZ: Hat sich das Geschäft mit der SPD im Kreistag gelohnt?
Miriam Staudte: Wir machen im Kreistag grüne Politik und keine Geschäfte. An unserer Position zur A39 hat sich nichts geändert: Wir Grünen in Stadt und Landkreis Lüneburg lehnen dieses ökologisch und ökonomisch unsinnige Autobahnprojekt entschieden ab. Die Kreistagsfraktion hat dem regionalen Raumordungsprogramm (RROP) zugestimmt, in dem auch der Satz "Für den überregionalen Verkehr ist es erforderlich, für die A39 das Planfeststellungsverfahren abzuschließen, um den Bau zu ermöglichen" steht. Dieser Satz war eine Vorgabe aus dem Landesraumordnungsprogramm (LROP) und hätte vom Kreistag nicht grundsätzlich geändert werden können. Wir haben als Grüne bewirkt, dass die Formulierung aus dem Entwurf der Verwaltung, die noch über das LROP hinausging, abgeschwächt wurde.
LZ: Mit dieser Art von Politik haben Sie den Grünen geschadet, behauptet Herr Meihsies.
Staudte: Den Grünen schadet vor allem, wer sich an Skandalisierung und Desinformation beteiligt, statt sachorientiert über den zugegebener Maßen komplizierten Sachverhalt aufzuklären.
LZ: Nun wirft Ihnen Herr Meihsies ja gerade vor, Sie hätten den Kreisvorstand im Unklaren gelassen, also nicht informiert und nicht aufgeklärt.
Staudte: Das ist Unsinn. Auch Stadtratsmitglied Meihsies ist seit Ewigkeiten mit dem RROP befasst. Er selbst hat im Oktober 2009 in der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Stadtentwicklung für eine Fassung des RROP gestimmt, die den Autobahnbau "zügig vorantreiben" und "zeitnah realisieren" wollte. Genau das haben wir im Kreistag eben nicht getan. Wir haben die schwächste Formulierung gewählt, die im Rahmen des rechtlich Möglichen überhaupt zulässig war. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn nun ausgerechnet er von Ehrlichkeit, Einsicht und Reue spricht.
LZ: Warum greift Herr Meihsies Sie öffentlich anzugreifen?
Staudte: An Spekulationen beteilige ich mich nicht. Das müssen Sie ihn selbst fragen.
LZ: Nun will Herr Meihsies Sie und die Kreistagsfraktion bei einer regulären Mitgliederversammlung zur Rede stellen und erwartet, dass sich die Fraktion von dem Beschluss distanziert.
Staudte: Auf der Sonder-Mitgliederversammlung wurde bereits sehr offen und differenziert diskutiert. Diesen Dialog werden wir auf der nächsten regulären Kreismitgliederversammlung am 16. Februar, zu der der Kreisvorstand schon längst eingeladen hat, fortsetzen. Dann kann auch Herr Meihsies über die Hintergründe seines Anstimmungsverhaltens informieren.
LZ: Noch mal, werden Sie sich von dem Beschluss im Kreistag distanzieren?
Staudte: Die Kreistagsfraktion hat bereits eine Stellungnahme verfasst, die auf unserer Internetseite zu lesen ist. Im Nachhinein betrachtet, wäre ein symbolpolitischer Änderungsantrag öffentlich einfacher zu vermitteln gewesen -- auch wenn er ohne Konsequenzen geblieben wäre. Einen Königsweg gibt es beim RROP nicht.
LZ: Das klingt nach einer halbherzigen Entschuldigung.
Staudte: Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Das kann man unterschiedlich bewerten, aber ich finde nicht, dass man sich dafür entschuldigen muss. Aber wir bedauern, dass der Eindruck entstanden ist, dass mit der Zustimmung zum RROP ein Abrücken von grünen Positionen erfolgt sein könnte, das ist ganz sicher nicht der Fall.
LZ: Hätte der Beschluss zum RROP nicht zweigeteilt gefasst, die A39 getrennt abgestimmt werden können?
Staudte: Man kann zwar symbolisch einen Änderungsantrag stellen, aber letztendlich muss immer einmal über das Gesamtpaket abgestimmt werden.
LZ: Was ist Ihnen wichtiger? Real- oder Symbolpolitik?
Staudte: So pauschal kann man das nicht sagen. Es ist wichtig, grüne Ziele auch tatsächlich umzusetzen und nicht nur symbolträchtige Schlagzeilen zu produzieren.
LZ: Wo ist die Grenze?
Staudte: Das ist immer ein Abwägungsprozess. Manchmal ist eine symbolische Ablehnung besser geeignet, um öffentlichen Druck zu erzeugen. Im Fall der A39 gibt es hierfür auf kommunaler Ebene geeignetere Instrumente zum Beispiel Resolutionen , Podiumsdiskussionen oder Protestkundgebungen .
LZ: Als die rot-grüne Bundesregierung 2002 mit dem Bundesverkehrswegeplan auch die A39 verabschiedet hat, haben sich örtliche Grünen von der eigenen Partei abgewendet.
Staudte: Aber auch dieser Bundesverkehrswegeplan trägt eine grüne Handschrift, Millionenbeträge sind vom Straßenbau auf die Schiene umverteilt worden. Dennoch werden wir Grünen uns dafür stark machen, dass die unsinnige A39 bei der nächsten Novelle aufgegeben wird. Dafür muss bei der SPD aber noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Die Sozialdemokraten haben immer noch nicht verstanden, dass der Neubau und die Unterhaltung von zusätzlichen Straßen nicht mehr finanzierbar sind. Hier gibt es zwischen SPD und CDU leider kaum einen Unterschied.
LZ: Wie geht es weiter mit den Grünen im Kreis?
Staudte: Wir haben viele engagierte Mitglieder und sind für den Wahlkampf gut aufgestellt. Nur müssen wir sofort zur Sacharbeit zurückkehren und Grabenkämpfe beenden. Nicht akzeptieren werde ich allerdings den von Herrn Meihsies im LZ-Interview angeschlagenen Umgangston.
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