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07.03.18 –
Ausnahmen, Sonderregeln, Novellierungen. Das deutsche Vorzeigegesetz in Sachen Energiewende hat seit dem Inkrafttreten im Jahr 2000 ziemlich gelitten. "Das verstehen inzwischen selbst Eperten kaum noch," stellt Horst Jäger von den Lüneburger Zukunftsgenossen trocken fest. "Am Besten wäre es, das EEG einmal komplett neu zu schreiben," sagt er beim "Grünfutter", dem Politischen Frühstück der Lüneburger Grünen, das an diesem 3. März ganz im Zeichen der Solarenergie steht. Es wird nämlich eine Ausstellung des Solarenergievereins Deutschland zur Energiewende eröffnet. Sie wird noch den März hindurch im Büro der Grünen, dem Freya-Scholing-Haus, zu sehen sein.
Das Eröffnungsreferat hält Tomas Biermann-Kojnov, Vorsitzender des Lüneburger Vereins SunOn. Der Verein berät Interessierte in der Region Lüneburg rund um das Thema Solarkraftwerke in Bürgerhand. Entlang der insgesamt zehn Ausstellungstafeln erläutert er die Bedeutung des EEG für die Entwicklung der Photovoltaik in Deutschland und wie ein komplett neuer Industriezweig mit vielen Arbeitsplätzen entstanden ist.
Doch die Erneuerbaren sind unter den Beschuss eines sehr alten Industriesektors geraten. Mit ihrer Lobby-Organisation "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" präsentierten in erster Linie die Kohle- und Atomstromer alternative Fakten zu Energiewende und EEG. "Vor allem das Argument, Strom werde durch die Erneuerbaren teurer, entbehrt jeder Grundlage," stellt Biermann-Kojnov klar. "Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft aus Berlin hat errechnet, was Strom den Endverbraucher tatsächlich kostet und welcher Kostenanteil dabei jeweils auf die konventionellen und die erneuerbaren Energien entfällt."
Das Ergebnis überrascht Experten nicht. Es ist dennoch bemerkenswert, wie deutlich der volkswirtschaftliche Vorteil der Erneuerbaren ausfällt: "Die Wissenschaftler berechneten aus den sogenannten 'externen' Kosten durch Umwelt- und Klimaschäden sowie staatlichen Förderungen eine 'konventionelle Energien-Umlage' von 11,4 Cent je Kilowattstunde für das Jahr 2016. Demgegenüber steht die EEG Umlage mit 6,792 Cent recht günstig da, oder?"
"Ökostrom wird künstlich schwierig und teuer gemacht," setzt Biermann-Kojnov fort. "2012 wurden mit der sogenannten PV-Novelle des EEG schmerzhafte Einschnitte bei der Solarstrom-Vergütung vorgenommen, und es wurde ein unsinniger Deckel des Gesamtausbaus von 52 Gigawatt festgesetzt. Wozu? Gleichzeitig wird der jährliche Ausbau bei 2,5 Gigawatt -zumindest ohne Abschläge bei der Förderung- gedeckelt. Dabei bräuchte es nach Schätzung einer htw-Studie die sechsfache Menge, wenn wir die Pariser Klimaziele einhalten wollen."
Er kritisiert, dass schon Ökostromprojekte mittlerer Größe (PV-Anlagen ab 750 kWp) seit der letzten EEG-Novelle in Ausschreibungen um Fördermittel gezwungen werden. Kleine und Kleinstanlagen werden hingegen durch Netzbetreibergebühren ausgebremst. "Avacon berechnet für kleine PV-Anlagen, selbst bei 1 kWp für geringe 2 kWh Netzstrom, eine Gebühr von über 100 €. Ratet mal, wo da der kleine Gewinn dieser Anlage bleibt, der rund 15 Jahre zum Reinvest der Aufbaukosten gedacht war?"
In die anschließende Grünfutter-Diskussion bringt sich auch Steffen Föllner, Windparkplaner vom Bauernverband Nordostniedersachsen ein. Er fordert, dass die "Energiewende eine Bürger- und Mittelstandsenergiewende bleiben muss." Das sehen die Frühstücksgäste (und die GastgeberInnen :-) genauso.
Die Ausstellung kann noch bis zum 12. April immer Dienstags zwischen 8 und 13 Uhr und Donnerstags zwischen 12:30 und 17:30 im Freya-Scholing-Haus (Neue Sülze 4, Lüneburg) besichtigt werden.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, der Verein SunON betreibe Bürgersolaranlagen. Das machen allerdings nur die Zukunftsgenossen. SunOn berät und unterstützt künftige Betreiber konzeptionell. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Ergänzt wurde außerdem die Grafik "Zubau von Solaranlagen..." Kleinere Fehler wurden korrigiert.
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