Am Montag nach der großen TTIP Demo in Berlin (10. Oktober) rückt das Thema im Lüneburger Kreistag in den Fokus. Rot-Grün hat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die Auswirkungen CETAs, TTIPs und TISAs auf die Politik vor Ort in den Mittelpunkt rückt. Die grüne Kreistagsabgeordnete Tanja Bauschke erläutert die Details.
05.10.15 –
von Tanja Bauschke –
Am Montag nach der großen TTIP Demo in Berlin (10. Oktober) rückt das Thema im Lüneburger Kreistag in den Fokus. Rot-Grün hat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die Auswirkungen CETAs, TTIPs und TISAs auf die Politik vor Ort in den Mittelpunkt rückt. Die grüne Kreistagsabgeordnete Tanja Bauschke erläutert die Details.
Nach dem Scheitern der globalen Liberalisierungsbestrebungen innerhalb der Welthandelsorganisation WTO verhandelt die EU derzeit eine neue Generation von Freihandelsabkommen: Die TransatlanticTrade and Investment Partnership (TTIP) zwischen der EU und den USA, das europäisch-kanadische Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA), sowie das multilaterale Trade in Services Agreement (TISA).
Das Abkommen Ceta – Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada, steht kurz vor dem Abschluss (Ratifizierung ist Ende dieses Jahres vorgesehen) und zeigt, dass dieses als auch die noch im Geheimen stattfindenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit der USA, TTIP und TISA, unmittelbare Auswirkungen auf unseren Landkreis haben werden:
- Die TTIP Verhandlungen finden im Geheimen statt. Nicht einmal die EU-Abgeordneten haben uneingeschränkten Zugang zu den Dokumenten, hingegen aber die Vertreter von Großkonzernen. Und obwohl Städte und Kommunen direkt betroffen sind, werden die kommunalen Spitzenverbände nicht informiert, geschweige denn in Verhandlungen einbezogen. Ohne Transparenz der Verhandlungen besteht die Gefahr, dass alle Themen im Zusammenhang mit Handel von Waren und Dienstleistungen und mit Vorschriften für den Schutz der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit, Investitionen usw. in einen gemeinsamen Topf verbindlicher Handelsregeln geworfen werden.
Es spricht nichts dagegen, dass sich die Regierungen auf die Veröffentlichungen von Verhandlungstexten einigen und einen regelmäßigen Dialog mit den Stakeholdern führen. Die Veröffentlichung grundlegender Verhandlungsziele muß der Anfang sein.
- Die USA und EU beabsichtigen, im geplanten CETA-Abkommen auch Bestimmungen zum Investorenschutz zu verankern und Schiedsgerichte ISDS (Investor-to-State Dispute Settlement- ISDS) bei Streitigkeiten heranzuziehen.
Das wird im Besonderen unterstrichen durch die sogenannten Rachetklauseln (sog Stillhalteklauseln), die festlegen, dass nach Einigung auf einen Status der Liberalisierung, dieser nie wieder aufgegeben werden darf. Im kommunalen Bereich könnte das z.B. bedeuten, dass eine einmal gekaufte Abwasserentsorgung niemals wieder rekommunalisiert werden darf.
Auch wenn das im geplanten TTIP Abkommen, durch den inzwischen entstandenen öffentlichen Protest, mit der Installation eines sog. Internationalen Handelsgerichtshofes u.U. modifiziert werden soll, muss weiter gelten, dass die grundlegenden Prinzipien unseres Rechtsstaates bestehen bleiben und Konzerne nicht mächtiger werden dürfen, als demokratisch gewählte Regierungen.
- Über TISA sollen Dienstleistungen von Handlungshemmnissen befreit werden: Es gibt keine generelle Ausnahme öffentlicher Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des geplanten Abkommens. Über TiSA sind nur noch hoheitliche Aufgaben geschützt. Alle anderen Aufgaben sind dem Wettbewerb unterworfen und können z.B. über CETA ausländische Investoren über ihre Niederlassungen in Kanada z.B. öffentliche Ausschreibungen erzwingen. Das betrifft alle Bereiche, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Gas-Fernwärme, Breitbandnetze, sozialer Wohnungsbau, der öffentliche Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen, Krankenhäuser und Kultur.
Auch die Einhaltung tariflicher Mindestlöhne könnten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufträge unterlaufen werden.
Durch vorgenannte Regelungen wird die kommunale Selbstverwaltung und Definitions-und Gestaltungshoheit ausgehöhlt! Der Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge ist dann nicht mehr gegeben.
- Risiken für Ernährung und Verbraucherschutz und Umweltschutz
Ein explizites Ziel der amerikanischen Verhandlungsführer in den Verhandlungen über die TTIP ist eine Öffnung des europäischen Markts für Lebensmittel, die mit Gentechnik, Wachstumshormonen oder in der EU nicht zugelassenen Pestiziden produziert wurden. Die Grenzwerte der Herkunftsländer werden aufgegeben zugunsten einheitlicher Standards, die sich deutlich unter den unseren befinden.
Der Verdrängungswettbewerb der kleinen und mittleren Höfe wird über die mit TTIP verbundenen Standards und Gewinnerwartungen zunehmen. Die Industriealisierung der Landwirtschaft wird massiv fortschreiten, der Schaden für Umwelt-und Biodiversität enorm zunehmen und weiter zu einer Verödung der Landschaften führen.
Eine artgerechte Tierhaltung wird wegen der steigenden Bodenpreise nicht mehr finanzierbar sein. Es ist zu befürchten, dass der ländliche Raum wegen dieser zu erwartenden Fehl-oder Weiterentwicklungen auch zum Wohnen immer uninteressanter wird, weil die Identifikationsparameter fehlen, und demzufolge die Landflucht zunehmen wird.