Sie sind neu im Niedersächsischen Landtag, sie vertreten die Region Lüneburg, und sie sind genau hundert Tage dabei. Die LZ besuchte Andrea Schröder-Ehlers (SPD) und Miriam Staudte (Grüne) in Hannover. Die Politikerinnen ziehen ihre 100-Tage-Bilanz.

09.06.08 –

Zwei Stockwerke über der SPD sitzt die Fraktion der Grünen. Abgeordnete, Mitarbeiter haben hier ihre Büros, der Fraktionsraum ist nur wenige Schritte entfernt. An den Flurwänden hängen Grünen-Plakate, auf dem Boden stehen Pappkartons mit Obst und Gemüse für eine Veranstaltung, und alle Türen stehen sperrangelweit auf. Miriam Staudte ist gerade wieder im Landtag gelandet. Zwei Tage war sie mit Fraktionskollegen auf Fahrradtour in Hameln und Holzminden, "um Probleme in den dortigen Kommunen kennen zu lernen wie zum Beispiel die Weserversalzung und die Folgen für die Fischer", erzählt sie noch leicht abgekämpft.

Fraktionskollege Helge Limberg, mit 25 Jahren der jüngste Landtagsabgeordnete, hat auch ein Problem oder eher gesagt ein Anliegen: "Würdest Du mir auch Zeit einräumen, um in die Debatte einzusteigen. Wir könnten das morgen absprechen", meint er. Morgen ginge nicht, da sei sie in Wilhelmshaven, aber mit der Zeit, das gehe klar, meint die stellvertretende Fraktions-Chefin, um dann dem Besucher kurz zu erklären, worum es in der Debatte geht. "Wir wollen das Wahlalter für Landtags- und Kommunalwahlen auf 14 Jahre absenken. Denn das Land hat im Bildungsbereich die Hoheit. Schüler sind von der Landespolitik abhängig und sollten deshalb an Entscheidungen durch ihr Wahlrecht beteiligt sein." Die Grünen haben einen Gesetzesentwurf entwickelt, der soll nun im nächsten Plenum eingebracht und diskutiert werden. Redezeit maximal acht Minuten pro Fraktion, da heißt es sich im Vorfeld abstimmen.

Für die Grünen kein Problem, denn allein der Fraktionsflur sei "ein Ort der Begegnung, des schnellen Austausches zwischen Tür und Angel". Zumal zwölf Fraktionsmitglieder eine gute Gruppengröße sei, um "Themen zu erarbeiten und sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, aber gleichzeitig auch auf jeden eingehen zu können", sagt Miriam Staudte.

Die Grünen-Politikerin ist gleich zur Fraktions-Vize aufgestiegen. Für sie kein Grund zu Eitelkeiten: "In den Vorstand sollten auch Neue rein, da ist die Wahl auf mich gefallen. Und ich teile mir die Position mit Ursula Helmbold und Dr. Gabriele Heinen-Kljajic", sagt sie bescheiden. Außerdem sitzt sie im Sozial- sowie als Stellvertreterin im Kultusausschuss. Familie, Kinderschutz und Kinderarmut sowie die Realisierung der Gesamtschule in Lüneburg sind erst einmal ihre Schwerpunkte.

"Zu Anfang muss man sich einfach reinfuchsen", bekennt sie nüchtern. Kollegen, Referenten, Leute von der Landtagsverwaltung kennen lernen, "die ersten Tage ist man froh, wenn man die Namen überhaupt behält". Dann Ausschuss-Protokolle der letzten Periode sichten, um zu sehen, welche Themen abgearbeitet, welche Anträge man noch einmal aufgreifen kann. Termine für Sitzungen und Veranstaltungen koordinieren, sich vorbereiten auf die Gremienarbeit und für Reden im Plenum. Viermal hat sie bereits im Landtag gesprochen, unter anderem zum Kinderschutz und zur Wohnraumförderung. "Die beste Vorbereitung darauf ist das Kommunalparlament", meint sie.

Miriam Staudte verhehlt nicht: Drei Tage Plenum am Stück, immer von 8.30 bis 19.30 Uhr, ist einfach anstrengend, "wenn man konzentriert zuhört und sich nicht von der gewollten Unruhe mancher Fraktionen ablenken lassen will". Danach ist selbst eine drahtige Parlamentarierin geschafft. "Ich hab für diese Zeit ein kleines WG-Zimmer in einer Wohnung mit einer Bekannten. Es ist schon witzig, wieder auf Zeit ohne Familie zu leben." Zu Hause hat ihr Mann die Rolle des Hausvorstands übernommen. "Klassischer Rollentausch, aber sonst wäre das nicht gegangen", sagt sie mit Blick auf ihre fünf- und siebenjährigen Söhne.

Politik machen in Hannover - ein Traumjob? "Die Arbeit bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten, anregende Gespräche, ermöglicht, Erfahrungen zu sammeln - aber Freizeit ist Mangelware", sagt die Grüne.