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26.05.21 –
Gemeinwohlökonomie in Lüneburg
Wirtschaft und unternehmerisches Handeln lokal transformieren – das war das Thema unserer spannenden Podiumsdiskussion zur Gemeinwohlökonomie in Lüneburg.
Was bedeutet für Dich Gemeinwohl? Mit dieser Einstiegsfrage an die Teilnehmenden begann unsere Podiumsdiskussion zur Gemeinwohlökonomie in Lüneburg – stell sie dir doch gerne einmal selbst. Was in jedem Fall herauskam: Unser Wirtschaften hat einen immensen Einfluss auf das Gemeinwohl. Die Gemeinwohlökonomie nimmt sich seit vielen Jahren diesem Thema an: Über Gemeinwohlbilanzen, die den Unternehmen in verschiedenen Bereichen, von Menschenwürde in der Lieferkette bis hin zur Reduktion ökologischer Auswirkungen, Punkte geben. Das Unternehmen erstellt einen Gemeinwohlbericht und eine unabhängige Prüfungs-Kommission bilanziert die Tätigkeiten des Unternehmens – und schon ist die Bilanz fertig! Nun ja, ganz so einfach ist es leider nicht: In unserer Diskussion wurde herausgestellt, dass der Prozess sehr zeitaufwändig ist und zeigt, wie komplex das Thema Gemeinwohl im Vergleich zu einer reinen Finanzbilanz ist. Was ist der Vorteil einer Gemeinwohlbilanz für Unternehmen? Neben gutem Marketing bietet der Prozess große Anreize, sich stetig zu verbessern. Claudia Kalisch erzählt aus eigener Erfahrung, dass Nachhaltigkeitsberichte, wie beispielsweise die Gemeinwohlbilanz, Unternehmen dazu motivieren können, sich intensiv(er) mit ihrem Impact zu beschäftigen. Ist die Gemeinwohlbilanz denn DIE eine Alternative zur Finanzbilanz? Dass sie die Finanzbilanz nicht ersetzen kann, darin war sich das Podium einig. Prof. Dr. Patrick Velte sprach außerdem die Vielfalt der existierenden Nachhaltigkeitsberichte an, wobei die Sustainable Finance Strategy der EU vorsieht, eine Berichtsform als Standard zu erarbeiten. Diese Vielfalt der Berichte zu integrieren sei auch wichtig, weswegen eine Fokussierung rein auf die Gemeinwohlbilanz nicht sinnvoll sei.
Zurück zur Hauptfrage: Wie kann die GWÖ in Lüneburg umgesetzt und politisch begleitet werden? In Lüneburg besteht momentan noch keine Regionalgruppe der Bewegung – noch, denn die Diskussionsteilnehmende Swetlana Batyrschin, angehende GWÖ-Beraterin, möchte auch lokal Strukturen aufbauen und sucht hierfür nach Mitstreiter:innen. Dies wäre ein erster Schritt, um die Gemeinwohl-Ökonomie bekannter zu machen und viele Unternehmen zu mobilisieren, eine Gemeinwohlbilanz zu erstellen. Kommunalpolitisch kann in begrenztem Rahmen etwas passieren: Wenn Claudia Kalisch das Amt der Oberbürgermeisterin übernimmt, möchte sie sich dafür einsetzen, dass die Vernetzung mit Unternehmen und der Gemeinwohlökonomie-Bewegung vorangetrieben wird. Eine Auftragvergabe vorrangig an gemeinwohlorientierte Unternehmen ist bisher nicht umsetzbar, da hierzu die Unternehmen mit Gemeinwohlbilanz fehlen. Allerdings will Claudia Kalisch prüfen, ob kommunale Betriebe, wie die GfA, oder sogar die kommunale Verwaltung bilanziert werden könnten. Spätestens beispielsweise bei Steuererleichterungen für gemeinwohlorientierte Unternehmen muss allerdings auf bundespolitischer Ebene vorgegangen werden. Auf landespolitischer Ebene setzen sich Detlev Schulz-Hendel und seine Fraktion für ein Modellprojekt ein, dass Unternehmen auf ihrem Weg zur Gemeinwohlbilanz finanziell unterstützt und den Prozess evaluiert. Leider stoß der Vorschlag auf Desinteresse bei den anderen Fraktionen, die den Antrag ablehnten. Trotzdem bleibt Detlev am Thema Gemeinwohlökonomie dran – ebenso wie wir und die anderen Diskussionsteilnehmenden. In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, was die Bilanzen alleine bewirken können in einer Marktwirtschaft, die auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist. Hier wird klar, dass die Gemeinwohlökonomie nicht alle Lösungen bieten kann – jedoch hat eine breite Gemeinwohlökonomie-Bewegung das Potenzial, mitzureißen und Unternehmen für Nachhaltigkeit zu mobilisieren, was ein erster Schritt ist.
Alles in allem bot der Austausch wichtige Anreize, sich weiter zu vernetzen und auszutauschen, damit die Gemeinwohlökonomie auch in Lüneburg Fuß fassen kann. Wir bedanken uns bei allen Podiums-Gäst:innen und bei den ca. 30 Teilnehmenden!
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