Fair Fashion kommt

Nachhaltige, ökologisch, fair produzierte und gehandelte Mode kommt. Bei schönstem Sommerwetter diskutierte auf Einladung des grünen Ortsverbands Lüneburg ein Fachpodium die Entwicklungen, Ziele und Lösungen rund um das Thema Fair Fashion. Zentrale Botschaft: Fair Fashion muss aus der Öko-Nische raus.

23.06.17 – von Friedhelm Feldhaus –

 

Nachhaltige, ökologisch, fair produzierte und gehandelte Mode kommt. Bei schönstem Sommerwetter diskutierte auf Einladung des grünen Ortsverbands Lüneburg ein Fachpodium die Entwicklungen, Ziele und Lösungen rund um das Thema Fair Fashion. Zentrale Botschaft: Fair Fashion muss aus der Öko-Nische raus.

 

„There is no social business without business“, macht Mimi Sewalski, Avocado, gleich zu Beginn der Runde in Schröder´s Garten klar. Avocado (avocadostore.de) ist eine Online-Plattform für Eco Fashion und Green Lifestyle. Wer soziale und ökologische Standards umsetzen wolle, müsse auch ökonomisch Erfolg haben. Auch Henning Siedentopp vom Fair Fashion-Anbieter Melawear (melawear.de) betont: „Fair Fashion ist ein Wachstumsmarkt. Fairtrade wächst um 20% im Jahr, öko-zertifizierte Mode 5-10%, Melawear noch stärker.“ Doch er relativiert auch: „Noch ist gerade einmal 1% der in Deutschland verkauften Mode fairtrade-zertifiziert. Und wenn man klein ist, kann man schnell wachsen.“

 

Second Hand, Kleiderkreisel und Kleidertausch

Birte Freudenreich von der Leuphana Universität forscht aktuell über Ansätze, wie Startups die Ziele von Slow Fashion – hochwertig, lange haltbar und reparabel – umsetzen und wirtschaftlich arbeiten können. „Es geht darum Konsumzyklen zu entschleunigen – auch um den Herstellern mehr Zeit zu geben, bessere Qualität zu produzieren.“ Second Hand, Kleiderkreisel und Kleidertausch seien Geschäftsmodelle, die sich speziell im Slow Fashion-Segment etablieren – auch in Lüneburg. Ausdrücklich betont wird in der Runde, dass Fair Fashion die frühe Phase der Form- und Farblosigkeit längst hinter sich gelassen hat. Tatsächlich kommen aktuell zahlreiche neue Marken auf den Markt, die über das Design kommen und Nachhaltigkeit praktizieren, aber beim Marketing nicht in die erste Reihe stellen. „Im Fokus stehen Qualität, Design und Preis“, unterstreicht Siedentopp. „Und wenn die Kunden auf dem Weg zur Kasse sehen, dass es fair produzierte Mode ist, dann sind sie oft auch bereit, 5 Euro mehr zu zahlen.“

 

Wettbewerb schafft Innovation

Klar ist, die kleinen, oft vor allem Online präsenten Unternehmen stehen zunehmend in einem Wettbewerb mit den Reisen der Modebranche. Gerade C&A sowie die Otto Group kaufen riesige Mengen Bio-Baumwolle, um ihr Angebot zu diversifizieren. Green washing sei hierbei eine Gefahr, sagt Sewalski. So sei ein Anbieter mit einer Linie auf den Markt gekommen, der zunächst nur 1% Bio-Baumwolle beigemischt wurde und habe mit einem selbst kreierten Siegel die Nachhaltigkeit beworben. Siedentopp ergänzt: „Es kommt auch Ware auf den Markt, die entweder fair oder bio ist, aber konventionell gefärbt und die Kriterien gerade so erreicht.“ Für Esther Rühe vom Slow Fashion-Blog Kunstkinder-mag.de, die im Publikum sitzt, löst der Wettbewerb mit den Großen jedoch auch Innovationsprozesse bei den kleinen Anbietern aus. „Weil Baumwolle knapp ist, kommen Fasern wie Tencel oder Lyocell genutzt.“ Und Norian Schneider vom Fair-Fashion-Blog fairknallt.de ergänzt: „Die Kleinen haben die Nähe zum Kunden, um solche Innovationen zu vermitteln.“

 

Nachhaltigkeit muss für den breiten Markt etabliert werden

Für Freudenreich bleibt das Ziel, Slow Fashion nicht nur über die kleinen Anbieter zu verbreiten, sondern auch große Unternehmen dahingehend umzustrukturieren. „Wenn Fair Fashion erfolgreich sein soll, dann müssen wir in den konventionellen Markt gehen, um die breite Masse der Verbraucher zu erreichen.“ Mela Wear vertreibt seine Produkte deshalb auch über Amazon. Als Kritik laut wird, fordert er alle auf, sich zu melden, die schon bei Amazon bestellt haben. Die Mehrheit zeigt auf. „Amazon ist ein etablierter Marktplatz, den wir nutzen, um nachhaltige Produkte zu verkaufen.“ Er plädiert für die stärkere Etablierung der Zertifizierung nach dem Global Organic Textile Standard – kurz: GOTS. Wie beim Bio-Siegel für Lebensmittel erlaube ein bekanntes Siegel für faire und ökologische Mode eine rasche Identifizierung, ohne sich vorher zum Experten gemacht zu haben. Es mache den Zugang niedrigschwelliger.

 

Billiglohnländer exportieren Kleidung zollfrei

Es ist Wahlkampf. Was soll die Politik tun? „Ich zahle für Ware aus Indien, dem größten demokratischen Staat der Welt, Zölle auf meine Ware, während aus Billiglohnländern, wie Bangladesh und Pakistan zollfrei importiert werden darf“, erklärt Siedentopp. „Das wird als Entwicklungshilfe verkauft, nutzt aber vor allem den Fast-Fashion-Riesen. Wenn Europa Nachhaltigkeit fördern will, warum werden speziell Fair Trade und Bio dann nicht zollfrei?“

 

Und hier gibt es in Lüneburg Bio / fair gehandelte Kleidung: 

Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ergänzungen willkommen.

 

 

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