Abschied vom Kreistag

Mit Bern­hard Stil­ke be­en­det heu­te ein un­er­müd­li­cher grü­ner Mit­strei­ter seine lang­jäh­ri­ge und ver­dienst­volle Ar­beit im Lüne­bur­ger Kreis­tag. Der Frakt­ion wer­den sein viel­fäl­ti­ges Wis­sen, sei­ne le­gen­dä­ren Haus­halts­re­den und sei­ne selbst­ge­backe­nen Stol­len feh­len. Klar, dass ei­ner wie er nicht wort­los ge­hen kann. Hier seine heu­tige Rede im Wort­laut:

01.06.15 –

Bernhard Stilke hält seine Abschiedsrede im KreistagMit Bern­hard Stil­ke be­en­det heu­te ein un­er­müd­li­cher grü­ner Mit­strei­ter seine lang­jäh­ri­ge und ver­dienst­volle Ar­beit im Lüne­bur­ger Kreis­tag. Der Frakt­ion wer­den sein viel­fäl­ti­ges Wis­sen, sei­ne le­gen­dä­ren Haus­halts­re­den und sei­ne selbst­ge­backe­nen Stol­len feh­len. Klar, dass ei­ner wie er nicht wort­los ge­hen kann. Hier seine heu­tige Rede im Wort­laut:

"Auffällig ist, dass immer weniger „alte Hasen“ im Kreistag sind und ihr müsst nun auf meine Anfänge: Es war einmal ein Landkreis, der… verzichten, mit denen ich Themen aus der Vergangenheit in die Gegenwart gezogen habe.

Pecunia non olet konnte mich nie beeindrucken, deshalb brauchte ich auch nie auf irgendwelchen, mit Geld hinterlegten, Positionen kleben bleiben. Schwieriger fiel es mir, die Geduld aufzubringen, bis endlich eine meiner Ideen umgesetzt wurde. Das manchmal der Weg kurvig war und andere meine Ideen klauten, konnte ich bei der Menge der Ideen gut verkraften. Hier war mir der Erfolg des Durchsetzens viel wichtiger, als das Lob für die Initiative.

Die Welt ist eine Pulverfabrik, in der das Rauchen nicht verboten ist, hat Dürrenmatt gesagt und dem kann ich nur zustimmen. Aber welche Konsequenzen ziehen wir daraus, für unser Leben und welche müssen eigentlich die anwesenden Kreistagmitglieder daraus ziehen.  Verstehen wir alle das Selbe darunter oder jeder etwas anderes.

Nach Tschernobyl und Fukushima, nach Vietnam und Afghanistan, nach Lybien und Syrien, nach Ozonloch und der Klimakatastrohe scheint mir das jedenfalls sehr deutlich, wir müssen die lebensgefährlichen Spiele mit dem Feuer schnellsten sein lassen, wenn wir überleben wollen.

Mein Motto für die Politik war schon immer: die Nachhaltigkeit zu fordern und zu fördern.

Schon Ende der 60ziger Jahre forderte ich das Verbot des Verklappens von Schweröl/Wassergemisch und Abfall während der Hundswache auf den Schiffen.  Der Ruf „nach dem blauen Himmel über der Ruhr“ und die Warnung vor Kriegen um sauberes Wasser eines unserer Bundespräsidenten, der noch hinzufügte: „Während andere keinen Zugang zu sauberen Wasser haben, vergeuden und vergiften wir das Grundwasser“, war Wasser auf meine Mühlen.

Anfang der 70ziger Jahre arbeitete ich dann an der Abschaffung der Gewissensprüfung für den Wehrdienst und für einige Zeit hieß es dann tatsächlich „Postkarte genügt“ für die Anerkennung. Dieses Gesetz wurde dann vom Bundesverfassungsgericht wieder aufgehoben (Es sollte noch mal 30 Jahre dauern, bis ein ähnliches Gesetz in Kraft trat). Das Familienrechtsrahmengesetz von 1972, das den Ehefrauen das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Arbeitserlaubnis ohne die Genehmigung des Ehemanns brachte, stammte auch aus einer von mir geleiteten Arbeitsgruppe.

Aber auch 1972, beim 2. Bundesweiten Solar- und Windenergiekongress, wurde mir klar, dass die regenerative Energiegewinnung und der effektive und effiziente Energieeinsatz  Schlüssel für das Überleben der Menschheit sein werden, das Negawatt der entscheidende Schlüssel wird.

Während des Studiums spielte Kapitalismuskritik eine nicht unerhebliche  Rolle. So blieb mir der Satz von Marx: „Man muss die versteinerten Verhältnisse (des Kapitalismus) dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt“ oder der von Engels: ,Was interessiert den Produzenten, was hinterher mit dem Produkt oder den Konsumenten wird.‘, in Erinnerung

Als ich Anfang der 80ziger in die Kommunalpolitik einstieg blieb die Forderung, unser Verhalten auf die Nachhaltigkeit  auszurichten,  mein Motto, denn die Geschichte der Moderne war dadurch geprägt, dass zuerst die Technologien und Produkte eingeführt und später ihre Folgen eingehegt werden. (Mein Kampf gegen das Atomkraftwerk Krümel begann 1971 , als die ersten Bäume fielen, und ist noch nicht beendet, da dort noch nicht wieder Wald wächst.)

20 Jahre arbeitete ich an der Forderung, eine straßenunabhängige Radwegeverbindung zwischen Bardowick und Lüneburg zu realisieren, bis sie zur Freude vieler Nutzer umgesetzt wurde.

Seit 30 Jahren kämpfe ich für das volle schulische Angebot in Bardowick (inkl. gymnasialer Stufe), jetzt ist die Idee auch bei anderen angekommen und könnte realisiert werden.

30 Jahre kämpfe ich um die Nachhaltigkeit der Abfallentsorgung für Landkreis und Hansestadt. Hier wird noch mehr zu tun sein, als nur den Biomüll aus den Restmülltonnen zu holen. Die Deponie selber ist in einem Zustand, der inzwischen als zufriedenstellend bis gut zu bezeichnen ist. Viele Dinge, die zur Verbesserung führten, habe ich begleitet, angeregt oder  gefordert (Sickerwasserkläranlage, MBV, Kompostwerk, Abdeckung oder Solaranlagen), anderes muss erst noch umgesetzt werden, wie die Wertstofftonne.

Auch für die Menschen mit Migrationshintergrund habe ich mich immer eingesetzt, an meinem Arbeitsplatz, wo ich mit bis zu 90% Migranten zu tun hatte, oder hier im Kreis im Integrationsbeirat oder bei der Verbesserung der Situation für die Flüchtlinge (Geld statt Gutschein, Deutschkurse von Anfang an, Arbeitsmöglichkeiten, menschenwürdige Unterbringung).

Wenn wir uns die heutigen Tendenzen gegen die Nachhaltigkeit ansehen, erkennen wir auf 2 neue Begriffe: geplante Obsoleszenz (dagegen  will unsere Verbraucherschutzminister in Niedersachsen in diesem Jahr verstärkt vorgehen) bzw. die psychologische Obsoleszenz (die Ex- und hopp- Nutzung, die das Alte(6 Monate oder 1 Jahr alt) so schnell wie möglich los werden will) und die Maxime von Apple und Google : „It´s not the customers´job to know what they want“.

Aber schon der Ökonom John Maynard Keynes hat 1930 in seinem Aufsatz „Wirtschaftliche Möglichkeiten unserer Enkelkinder“  (also meiner Kinder und Enkelkinder) vor dem grenzenlosen Wachstum gewarnt. Er wollte sich „von der kurzen Sicht frei…machen und sich auf die Schwingen in die Zukunft …  wenden“. Man müsse nach 100 Jahren kaum mehr arbeiten um ein gutes Leben zu genießen. Wir sind extrem weit von dieser Vision entfernt, weil wir eher Bertrand Russell (1928) gefolgt sind, der befürchtete, „dass die Leute aber nicht wüssten, womit sie ihre Tage ausfüllen, wenn sie nur vier von 24 Stunden arbeiten würden.“  Hier bietet nur die Umkehr eine lebenswerte Zukunft an.

Jeder Einzelne, so auch ich, stellt sich natürlich die Frage, habe ich persönlich genug dafür getan, war ich Vorbild genug, an dem sich andere orientieren können? Das Neuste, was ich mit mir rumschleppe, sind die Schuhe, die sind erst 1 Jahr alt und ich brauchte sie, weil meine Füße größer geworden sind und ich nicht mehr ohne Schmerzen in die alten reinpasste.  Auch noch nicht so alt ist die Brille ca. 3 Jahre oder der Rucksack ca. 5 Jahre. Mehr Jahre auf dem Buckel hat z.B. das Hemd, das 10 Jahre alt ist, mein Handy, das 15 Jahre alt ist, oder das Jackett, welches ich vor 25 Jahren erwarb. Den Gipfel aber schießt dieser Taschenrechner ab, der nun stolze 44 Jahre alt ist und mich mein ganzes Arbeits- und Politikerleben begleitet hat. Ganz besonders hänge ich an dem Querbinder, den ich mir vor 50 Jahren für eine Brecht-Premiere leistete.

Nun könnte der geneigte Zuhörer einwenden, das war doch nur Geiz. Richtig daran ist, dass ich den Kapitalisten ca. 50.000 Euro nicht in den Hals geworfen habe. Den zehnten davon habe ich vor ein paar Wochen bei meiner Abschiedsfeier auf den Kopf gehauen, ich glaube Geiz kann man das nicht nennen.

Ich denke, dass ich die ökologischen, ökonomischen und sozialen Komponenten der Nachhaltigkeit gleichermaßen berücksichtigt habe: sehr oft konnte ich mit meinem Beispiel Diskussionen über den falschen Lebensstil anregen (viele SchülerInnen erinnern sich später genau an diesen Sachverhalt), konnte eben auch viel Abfall vermeiden.

Trotz all dieser Versuche konnte ich die expansive Moderne (immer mehr, größer, schneller, neuer) nicht verhindern, wobei ich für die reduktive Moderne eintrete (auch mal verzichten, kleiner, 2. Nutzung, Bildung, Kultur, Freiheit).

Freuen wir uns an den wirklich nachhaltigen Schritten und Projekten, die wir in der Region geschaffen haben: Nachhaltiges Heizen im Neuen Museum, nachhaltige Strohballenhäuser, nachhaltiges Sanieren der Schulen, Ökoprofit, Klimaschutzleitstelle, 100% erneuerbare Energieregion und suchen mehr der Themen, die die Region voranbringen und arbeiten diese dann gezielt ab.

Die Politiker – dazu zähle ich auch uns als Freizeitpolitiker – haben die Aufgabe für die Menschen die Basis für ein gutes Leben zu schaffen. Die Basisgüter dürften unter uns unstrittig sein: Gesundheit, Sicherheit, Respekt, Persönlichkeit, Harmonie mit der Natur, Freundschaft und Muße; die Wege zu diesen Basics allerdings sehr.

Zu dem Begriff Muße noch zwei Sätze, weil er heute falsch verwendet wird, verkürzt als Nichtstun betrachtet wird. Muße ist gemeint im Sinne des altgriechischen schole´, also der Durchdringung der Probleme ohne Zwang, der Zweckhaftigkeit ohne Zweck, die Quelle von Nachdenklichkeit und Kultur oder wie Marx es nannte „freie Lebensäußerung, daher Genuss des Lebens“.

Im oben genannten Sinne kommt auf diesen und den nächsten Kreistag noch extrem viel Arbeit zu. Haut also rein, Tschaka."

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